Die Faszination „Kino“ hat als Location für zukünftige Sicherheitsfragen am letzten Donnerstag seine Wirkung entfaltet. Fast 140 Sicherheitsexperten und Gäste, darunter ein Vertreter der jüdischen Gemeinde Hamburgs, erlebten in Hamburgs legendärem Abaton Ausblicke und Botschaften, wie sich die Sicherheitslage in wenigen Jahren verändern und darstellen wird. Die Teilnehmer sind nicht nur Zuschauer, sondern Mitwirkende oder „Komparsen“ in einem großen Veränderungs-prozess.
Der Allianz für Sicherheit in der Wirtschaft Norddeutschland e.V. (ASW Nord) war es gelungen, im derzeitigen hybriden Spannungsfall mit den Appellen der Speaker konkrete Handlungsschritte für die Wirtschaft zu entwickeln.
Der Organisator von „Security Revolution“, Markus Wagemann (Geschäftsführer der ASW Nord), sagte: „Unsere Absicht, eine Sicherheitskonferenz in einem modernen Format zu veranstalten, ist voll aufgegangen. Wir freuen uns über den neuen Besucherrekord und das positive Feedback. Besonders der Vortrag von Carlo Masala hat bei den Teilnehmern aufgrund seiner Sicherheitsanalyse und Zukunftserwartung die Erkenntnis gestärkt mit dem handeln zu beginnen. Ein herzliches Dankeschön geht auch an unsere großzügigen Sponsoren, die zum Gelingen der Konferenz beigetragen haben.“
Nach der humorvollen Begrüßung der Teilnehmer durch den Vorstandsvorsitzenden der ASW Nord, Thorsten Neumann, stellte Polizeipräsident Falk Schnabel die zukünftigen Zukunftsfragen und Themen der Polizei Hamburg aus dem Programm „Polizei 2040“ vor, die sie fit für die Zukunft machen werden. Schnabel nannte die drei wichtigen Handlungsfelder: Digitalisierung, Personalmanagement und Garant der gesellschaftlichen Stabilität mit neuen Strafverfolgungsstrategien. Auf der Grundlage des Operationsplans Deutschland (OPLAN) stellt sich die Innenbehörde mit einer neuen Abteilung Bevölkerungsschutz auf. Schnabel appellierte an die Wirtschaft, sich im derzeitigen Spannungsfall mit den betreffenden Notstandsgesetzen zu befassen sowie Planungen für den Eigenschutz darauf auszurichten. Die Polizei müsse sich auf die Unterstützung und Mitwirkung der Wirtschaft verlassen können, um kritische Infrastrukturen zu schützen.
Der Ehrenkommissar der Polizei Hamburg und Schauspieler, Marek Ehrhardt, ging in seiner lebhaften Ansprache auf das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung ein und forderte die Konferenzteilnehmer auf, Multiplikatoren für Vertrauen in die Arbeit der Behörden zu werden. Niemand dürfe Ängste und Bedenken haben, die Notrufnummer 110 der Polizei anlassbezogen zu wählen. Er schloss ab mit der Aufforderung: „Seien Sie aufmerksam-Schauen Sie nach links und nach rechts. Sicherheit fängt bei jedem von uns an.“
Mit der Einladung vom geopolitischen Sicherheitsexperten, Prof.Dr. Carlo Masala, von der Bundeswehruniversität München und Leiter des CISS, erlebten die Teilnehmer einen aktuellen Impuls- und Taktgeber für die Sicherheit in der Wirtschaft. Sein Thema lautete: „Geopolitische Analysen 2024“. Im aktuellen 21. Jahrhundert kommt eine Poly- und Wirtschaftskrise auf Deutschland zu. Polikrisen sind erheblich schwieriger zu lösen als bisherige Krisen und Konflikte. Eine neue Blockbildung unter den Staaten, der Klimawandel, Störungen der Lieferketten sowie die Globalisierung sind die Treiber der Polikrise.
Nach Masalas Einschätzung ist es möglich, dass Russland in wenigen Jahren einen Testfall auf entfernte Gebiete oder kleine Regionen der NATO-Mitgliedsstaaten planen kann, um die Bereitschaft zum „Bündnisfall“ zu prüfen. Zurzeit führe Russland einen hybriden Krieg gegen den Westen, dazu gehören Spionage, Desinformation, Schwächung des Vertrauens der Bevölkerung in ihre Staaten. Diese hybriden Aktivitäten sind ein eigenständiger Strang in der militärischen Operation. Durch Totalität will Russland das Vertrauen zerstören.
Das Fazit von Masala: Deutschland und seine Wirtschaft sind auf diese Entwicklung nicht vorbereitet. Die wirtschaftliche Abhängigkeit von anderen Staaten und der irrgläubige Politikstil „Wandel durch Handel“ müssen beendet werden. Die Aussage von Masala, die organisierte Kriminalität und Mafia sind in Russland Teile der staatlichen Agententätigkeit sowie auch der hybriden Kriegsführung, machte viele Teilnehmer sprachlos. Was muss die Wirtschaft jetzt tun? Masala nannte die folgenden Schritte:
- Unsere Wirtschaft arbeitet nicht mit „Worst-Case-Methoden“.
- Bei den Führungseliten in der Wirtschaft findet kein geopolitisches Denken statt.
- Die Wirtschaft hat vergessen, sich besser auf Krisen zu präparieren.
- Im Wirtschaftsschutz ist ein Ungleichgewicht hin zur Cybersicherheit Der klassische Werkschutz muss stärker in den Fokus genommen und besser finanziert werden!
- Wirtschaftsunternehmen müssen sich mit den Notstandsgesetzen vertraut machen. Denn die dortigen Regulierungen werden im Spannungsfall Tatsachen.
Die Corporate Security und Resilience Managerin des Axel-Springer-Verlags, Imke Bruhns, hielt sich während der Wahlkampfphase in den USA auf. Sie stellte die Schutzmaßnahmen für die Redaktion und Journalisten von POLITICO in Washington vor. Die Zeitung gehört zur Axel-Springer-SE. Die Sicherheit von Journalisten richtet sich nach einem Stufenmodell und Lageeinschätzung, zu der auch die Auswertung von Algorithmen gehört. Spannend war ebenfalls Ihre Einschätzung zu dem vergangenen Wahlkampf in den USA. Fazit: In den USA haben sich deutlich weniger Menschen über Trump 2.0 gewundert als in Deutschland.
Eine weitere Premiere bei dem 9. Norddeutschen Sicherheitstag: Der Journalist, Mafiaaufklärer und Buchautor, Sandro Mattioli, las aus seinem aktuellen Buch „Germafia“ eine Passage über Geldwäsche und Finanzverbrechen vor. Pikant war dabei die Beteiligung eines großen deutschen Finanzinstituts. Mattioli ist Experte für das Wirken der Mafia in Deutschland und Vorsitzender des Vereins mafianeindanke e.V.
Die Journalistin und Buchautorin, Liv von Bötticher, berichtete aus ihrer 8-wöchigen Afghanistan-Reise Anfang 2022. Der äußerst bedrückende Bericht machte deutlich, welche Informationen keine Betrachtung in der öffentlichen Debatte haben und wie wichtig eine kritische Berichterstattung ist.
Die Konferenz schloss mit zwei Charity-Projekten ab. Neu war die Vorstellung von Captain Turtle, eine kostenfreie Lernplattform um Kinder vor Cyber-Mobbing / Grooming und Hetze im Internet zu schützen. Die Plattform wurde von Uwe Röniger, dem CEO des Verbandsmitgliedes der mybreev GmbH ins Leben gerufen. Das zweite Projekt ist den Mitgliedern des ASW Nord bereits bekannt. Wie im letzten Jahr überreichte Wagemann dem Prof. Tom Mir von der Kinderherzstation des UKE Hamburg eine Spende über 2.500 € für seine Initiative „Kicken mit Herz“.